„Was macht es mit Kindern, wenn sie nicht mehr der Gemeinschaft von Vater und Mutter entstammen, sondern mehr und mehr Produkte technischer Planungen werden?“ Das ist die eigentlich entscheidende Frage in der jüngsten Debatte um die „Ehe für alle“. Sie kam in der Debatte zu kurz (1). Denn im Kern geht es um die Kinder und nicht mehr um die vermeintlichen „Privilegien“ der Ehe. Diese Eheprivilegien sind gleichgeschlechtlichen Paaren mit der „eingetragenen Lebenspartnerschaft“ längst zugestanden worden. Das gilt sogar für das steuerliche Ehegattensplitting und die Hinterbliebenenversorgung, die eigentlich Paaren zugute kommen sollten, in denen ein Elternteil wegen der Kindererziehung auf Erwerbseinkommen verzichtet hat. Dass auch eingetragene Lebenspartner diese Rechte erhalten, hat das Bundesverfassungsgericht damit begründet, dass diese Situation auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften vorkommen könnte (2).
Um diese „Regenbogenfamilien“ drehen sich heute ganze Erziehungsprogramme, obwohl sie eine verschwindende Minderheit unter den Familien sind. Meist handelt es sich um Frauen, die nach einer Trennung mit den Kindern aus ihrer früheren Beziehung in einem Haushalt mit einer anderen Frau zusammenleben. Diese Kinder aus früheren Beziehungen können von der neuen Partnerin (oder dem neuen Partner) als „Stiefkinder“ adoptiert werden. Gemeinsam als Paar konnten gleichgeschlechtliche Partner dagegen kein Kind adoptieren. Das ändert sich nun mit der „Ehe für alle“: Gleichgeschlechtliche Paare können gemeinsam Kinder adoptieren. Es stellt sich aber nun die Frage, woher die Kinder für adoptionswillige homosexuelle Paare kommen sollen. Denn es gibt viel mehr Paare, die ein Kind adoptieren wollen als Kinder. Bundesweit bewerben sich für jedes zur Adoption vorgemerkte Kind sieben Paare (3). Im Interesse des Kindeswohls müssen an die adoptionswilligen Paare strenge Anforderungen gestellt werden. Seitens der Behörden heißt es hierzu: „Häufig haben Adoptivkinder Bindungs- und Beziehungsabbrüche erlebt. […] Die Platzierung des Kindes erfolgt in der Familie, die diese Bedürfnisse des Kindes am besten erfüllen, sein Wohl sicherstellen und seine Entwicklung am besten fördern kann“ (4).Im Blick auf das Leiden der Kinder unter „Bindungs- und Beziehungsabbrüchen“ sollte die Beziehungsstabilität ein entscheidendes Kriterium für die Auswahl der Adoptiveltern sein.
Langjährig verheiratete Ehepaare müssten demnach besonders gute Chancen haben, ein Kind zu adoptieren. Sofern sie schon andere Kinder erziehen, diesen bereits ein gutes Zuhause geben, müsste dies erst recht gelten. Für ihr Eignung spricht nicht nur, dass sie bereits Erziehungskompetenz bewiesen haben, sondern auch das Vorhandensein von Geschwistern. Der Idealfall des Aufwachsens in stabilen Beziehungen mit Vater, Mutter und Geschwistern müsste demnach der Maßstab für Adoptionen sein, damit verwaisten Kindern aus ihrer Not heraus geholfen wird. Unter den durchschnittlich sieben Bewerbern, die bundesweit für eine Adoption vorgemerkt sind, dürften auch Paare sein, die diesem Ideal entsprechen oder zumindest nahe kommen. Damit homosexuelle Paare Kinder adoptieren können, müsste dieser Maßstab des Kindeswohls aufgegeben werden. Sie müssten gegenüber geeigneten, heterosexuellen Paaren privilegiert werden.
Faktisch geht es nicht um die Gleichberechtigung, sondern um die Privilegierung gleichgeschlechtlicher Paare. Dabei stört die Natur, die homosexuellen Paaren Kindern verwehrt. Die müssen deshalb von anderen „bereitgestellt“ werden, wofür das Adoptionsrecht absehbar nicht ausreicht. Gefordert wird deshalb die sogenannte „Leihmutterschaft“, die in Deutschland aus guten Gründen bisher verboten ist. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland gibt auf seiner Homepage detaillierte Tipps, wie sich das Verbot umgehen lässt, z. B. indem man ein Kind aus dem Ausland quasi „importiert“ (5). Aus der „Ehe für alle“ dürfte bald die Forderung nach dem „Recht auf ein Kind“ folgen. Dass Kinder zu einer Ware werden, die „bestellt“, „geliefert“ und, das ist der nächste Schritt, bei „Qualitätsmängeln“ (z. B. einer Behinderung) wieder „abbestellt“ werden können, widerspricht der Menschenwürde, die unser Grundgesetz für unantastbar erklärt. Zu der gehört es, gezeugt und nicht gemacht zu sein. „Denk bloß nicht, dass ich an dich dachte, als ich mit deiner Mutter ging“, schrieb einmal ein berühmter Dichter (6). Aber für diese Romantik der Liebe, das Geheimnisvolle des Ursprungs ist in der nur vermeintlich „schönen neuen Welt“ der assistierten Reproduktion und der Regenbogenfamilien kein Platz mehr. Leidtragende sind die Kinder, denen das Recht auf Vater und Mutter genommen wird. Es ist ein Leid, das sie später auch im Erwachsenenalter zu tragen haben.