Kommt die „neue Völkerwanderung“ überraschend? In ihren Dimensionen vielleicht, vor einem Jahr hat wohl noch niemand mit mehr als 700.000 Asylbewerbern gerechnet. Manche rechnen mit noch höheren Zahlen für dieses und die kommenden Jahre. Die Rekordzahlen aus der Zeit nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ würden damit weit übertroffen, der bisherige Spitzenwert aus dem Jahr 1992 von rund 440.000 Asylbewerbern dürfte schon dieser Tage längst getoppt worden sein (1). Schon zu Beginn der 1990er Jahre waren die Kommunen mit dem Zustrom überfordert; auch prominente SPD-Oberbürgermeister (z. B. Kronawitter in München) forderten damals Reformen des Asylrechts. Das kam in vielen Medien nicht gut an, man stand eher auf der Seite von Grünen-Politikern wie Jürgen Trittin, die Zuzugsbegrenzung als fremdenfeindlich, rassistisch etc. bekämpften (2). Solche Stimmen gab es auch in der SPD, aber der Druck der „Bürgermeisterfraktion“ führte dazu, dass der „Asylkompromiss“ mit der CDU/CSU zustande kam. Das Grundgesetz wurde ergänzt, das Asylrecht restriktiver durch die Einführung „sicherer Drittstaaten“, in die leichter abgeschoben werden konnte.
In der Folge ging die Zahl der Asylbewerber stark zurück, 1995 lag sie noch bei 176.000, 2000 bei 118.000 und 2005-2009 nur noch bei 30.-40.000.Im Jahr 2010 setzte die Wende ein: Die Zahlen stiegen stark an und näherten sich 2014 (über 200.000) schon fast wieder dem Niveau der frühen 1990er Jahre (3). Schon 2014 waren Großstädte wie Duisburg überfordert. Als sie auf Container als Notbehelf zurückgriffen, warfen ihnen Medien „Versagen“, manche gar eine gezielte Abschreckungsstrategie vor (4). Auf die Probleme reagierten die Kommunen mit der Forderung nach mehr Geld; aber fast kein OB forderte eine Bremsung des Zustroms. Im Gegenteil. Die neue „Willkommenskultur“ sollte sich durch Unterkunft, Gesundheitsversorgung, Kitaplätze, Beschulung und Jobs für alle Ankömmlinge auszeichnen. Differenzierungen zwischen politisch verfolgen Asylbewerbern und (temporär zu beschützenden) Bürgerkriegsflüchtlingen sind vorerst „out“, stattdessen sollen alle „Flüchtlinge“ dauerhaft bleiben und integriert werden. Auch Einwanderung aus rein wirtschaftlichen Motiven gilt noch als begrüßenswert, schließlich brauche Deutschland dringend mehr Arbeitskräfte. Die Wirtschaftslobby fordert, weiter „Hürden“ für den Arbeitsmarktzugang von Migranten abzubauen.
Das Interesse der Wirtschaft an der Migration ist verständlich: Das vergrößerte Angebot an Arbeitskräften erleichtert es, Löhne zu drücken. Weniger verständlich ist, warum es Medien und Politik so schwer fällt, zwischen Wirtschaftsinteressen und Allgemeinwohl zu unterscheiden. Für Unternehmen zählt ihr eigener, kurzfristiger Profit, der Sozialstaat aber hat für Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter aller Bürger zu sorgen (5). Daraus folgen Probleme, die seit langem bekannt sind: So wurden aus vielen einstigen „Gastarbeitern“ (vor allem aus der Türkei) später Langzeitarbeitslose. Selbst wenn man diese Migration für eine kulturelle Bereicherung hält, lässt sich seriös kaum bestreiten, dass sie die öffentlichen Kassen und damit die Steuer- und Beitragszahler belastet hat (6). Dank der neuen Einwanderungspolitik unter Schröder und Merkel soll nun aber alles viel besser geworden sein: Dass Deutschland von „qualifizierten“ Einwanderern profitiere, war noch vor wenigen Wochen vielfach zu lesen. Dies obwohl 2014 die Ausgaben für Asylbewerberleistungen schon stark angestiegen waren und voraussehbar in 2015 neue Spitzenwerte erreichen werden (7). Zugleich ist auch der Anteil der Hartz-IV-Leistungsbezieher unter solchen Zuwanderern angestiegen, die von der EU-Freizügigkeit profitieren, auffallend hoch ist er mit ca. 28% unter den Bulgaren (8). Die Frage stellt sich: Warum sollten Syrer, Iraker, Afghanen, Somalier u. a. auf dem deutschen Arbeitsmarkt erfolgreicher sein als Türken oder Bulgaren? Das glaubt nicht einmal die Bundesarbeitsministerin, die Milliarden für Integrationskurse fordert. Je großzügiger die Gelder fließen, desto mehr werden kommen. In der Not fordert die Bundesregierung nun „europäische Solidarität“. Was das heißt, weiß man von den Griechen: Andere sollen für die eigenen Fehler mitbezahlen. Der Druck richtet sich besonders auf die Länder im östlichen Teil Europas, obwohl die viel kleiner und ärmer sind (9). Zu befürchten ist dagegen: Die deutsche Migrationsförderpolitik wird so, zusätzlich zur Eurokrise, zum neuen Spaltpilz Europas.