Auf Festveranstaltungen der Vereinten Nationen, auf Kirchentagen und in präsidialen Neujahrsansprachen wird diese Auffassung gerne vertreten: die Verantwortung aller für die eine Welt und die eine Menschheit, verbunden durch einen globalen Waren-, Kapital-, Wissens- und Arbeitsmarkt. Doch sobald die Feierstunden vorbei sind, zerfällt das globale Dorf wieder in Höfe, Häuser und Hütten, deren Bewohner nicht viel miteinander zu schaffen haben wollen. […] Wenn es aber die Weltgesellschaft, geformt durch eine Weltordnung, geführt von einer Weltregierung und beseelt von einem Weltethos, nicht gibt und vielleicht nie geben wird, was ist dann die Gesellschaft, auf die sich die Menschen verlassen und die ihnen ein angstfreies Leben sichern soll? […] Der eigentliche Ankergrund von Gesellschaft ist damit heute wie kein anderer als vor 200 Jahren: die Nation oder – abhängig von der Weltregion – der Clan, der Stamm. In jedem Fall aber eine mehr oder minder mystische Geburten- oder auch Wahlgemeinschaft, die „auf eine als gemeinsam angenommene Geschichte, Tradition, Kultur, Sprache“ verweisen kann.