„Leihmutterschaft“, im angelsächsischen Raum treffend „Surrogat-Mutterschaft“ genannt, ist in Deutschland gesetzlich verboten. Die FDP will nun Frauen erlauben, für die eigene Schwester oder ein befreundetes homosexuelles Paar ein Kind auszutragen. Einkommensausfälle oder Arztkosten sollen der Leihmutter erstattet werden, aber „kommerzielle Leihmutterschaft“ weiterhin untersagt bleiben. Diese „Liberalisierung“ wird damit begründet, dass es „unehrlich“ sei, „Frauen in Deutschland vor Ausbeutung durch Leihmutterschaft schützen zu wollen und gleichzeitig die Augen davor zu verschließen, dass Leihmutterschaft längst im Ausland zu ganz anderen, teils sehr schlechten Bedingungen beansprucht wird“ (1).
Tatsächlich findet eine solcher Import von Leihmutterschaftskindern aus dem Ausland statt. Dieses Leihmutterschaftsgeschäft blüht in der Ukraine. Leihmütter erhalten dort für eine Geburt, sofern diese „erfolgreich“ ist, etwa 15.000 Euro. Angesichts der Armut in der Ukraine finden sich dort nicht wenige Frauen, die sich dafür als Leihmütter zur Verfügung stellen. Der Kinderbeauftragte des ukrainischen Präsidenten kritisiert die Zustände im eigenen Land als eine Form von „Sklaverei“ . Mediale Aufmerksamkeit erhielten sie durch ein rund vierminütiges Video zur Zeit des Corona-Lockdowns, das 46 einsam in ihren Bettchen weinende Babys zeigte. Das Video produziert hatte die Kiewer Leihmutterfirma „BioTecCom“, um Druck auf die ukrainische Regierung zur Aufhebung der Einreisesperren auszuüben, damit die Bestelleltern die Babys empfangen und mitnehmen können.
Im vergangenen Jahr sollen Leihmütter in der Ukraine rund 1500 Kinder ausgetragen haben. Von diesen haben mindestens 137 Babys mit einem Elternteil deutscher Staatsbürgerschaft, wie die Bundesregierung der dpa mitteilte. Erkenntnisse darüber, wo diese Kinder verblieben sind und wie es ihnen ergeht, hat sie aber angeblich nicht (2). Dabei müssten die ukrainischen sog. Leihmütter weiterhin auch die rechtmäßigen Mütter sein. Denn Mutter eines Kindes ist nach § 1591 BGB, „die Frau, die es geboren hat“. Folgerichtig sind Eizellspende und Leihmutterschaft nach dem Embryonenschutzgesetz (§ 1 Absatz 1 Nummer 7 ESchG) kategorisch verboten. Die Rechtsprechung zu konkreten Fällen ist aber zum Teil widersprüchlich. Einerseits entschied z. B. der Bundesgerichtshof (BGH) 2017, dass eine Ehefrau aus Nordrhein-Westfalen nicht als Mutter ihres von einer ukrainischen Leihmutter ausgetragenen Kindes beim Standesamt eingetragen werden durfte. Eine rechtliche Mutterschaft der Ehefrau sei nur durch eine Adoption des Kindes möglich. Andererseits bestätigte der BGH bereits mehrfach die Elternschaft von Paaren, die Kinder aus den USA importiert hatten und dort bereits als Eltern anerkannt waren (3). Die Legalisierung der in Deutschland illegalen Leihmutterschaft hängt damit in widersinniger Weise von der Bürokratie anderer Länder ab.
Das widerspricht der Intention des Gesetzgebers, das gespaltene Mutterschaften verhindern wollte, bei denen die genetische und austragende Mutter nicht identisch sind. Die Identitätsfindung des Kindes sollte nicht darunter leiden, dass es „sein Leben gleichsam drei Elternteilen zu verdanken hat“. Es widerspreche dem Kindeswohl, wenn „die psychosozialen Beziehungen zwischen der austragenden Frau und dem Kind völlig unberücksichtigt bleiben“, was schon die „Entwicklung des Kindes im Mutterleib beeinträchtigen“ könne. Außerdem könne sich „die Trennung des Kindes von der Mutter nach der Geburt nachteilig auswirken“. Eine „Ersatzmutterschaft“ sei deshalb „in jeder Form abzulehnen“ (4).
Mit diesen Einsichten war der damalige deutsche Gesetzgeber (1989!) nicht nur auf der Höhe seiner Zeit, sondern dieser sogar voraus. Dank moderner Pränataldiagnostik- und Forschung wissen wir heute noch mehr darüber, wie prägend Schwangerschaft und Geburt für die Mutter-Kind-Beziehung und wie prägend diese für gesundes Heranwachsen ist (5). Im Fall der Leihmutterschaft wird diese Bindung zerstört; dies gilt auch dann, wenn die Leihmutterschaft nicht „kommerziell“, sondern unentgeltlich („altruistisch“) betrieben wird. Statt das geltende Leihmutterschaftsverbot immer weiter auszuhöhlen, müsste es endlich konsequent umgesetzt werden. Zum Beispiel durch ein Verbot der Werbung für Leihmutterschaft bei sog. „Kinderwunschtagen“, wie die Reproduktionsmedizinlobby ihre „Publikumsevents“ nennt (6). Denn hier wird Kinderhandel angebahnt, der nach der Haager Konvention für Adoptionsverfahren international geächtet werden soll (7).
Fazit: Es wäre logisch und im Sinn des Grundgesetzes, zum Schutz der Menschenwürde das Verbot der Leihmutterschaft konsequent umzusetzen und den damit verbundenen Kinderhandel zu unterbinden. Der Gesetzentwurf der FDP tut genau das Gegenteil.