Ist die Eurokrise schon vorbei? Diesen Eindruck erweckten Berichte, die die „Rückkehr“ Griechenlands an die Finanzmärkte feierten. Und tatsächlich leihen die Finanzanleger den Krisenstaaten Südeuropas wieder Geld zu niedrigeren Zinsen. Das können sie auch beruhigt tun, denn für die Risiken haften im Zweifel die Steuerzahler im Norden der Eurozone, also vor allem in Deutschland. Dafür sorgt, neben diversen, kaum überschaubaren Kreditkonstruktionen („ESM“) vor allem die Europäische Zentralbank: Im Notfall springt sie durch den Kauf von Staatsanleihen o. ä. für überschuldete Staaten ein, um, „whatever it takes“, die Währungsunion zu erhalten. Politisch begründet wird die Sozialisation der Schulden mit dem Gebot der Solidarität, der Hilfe für die Krisenländer.
Aber wem wird hier geholfen? Wer auch immer profitieren mag, die Jugend in Europa ist es nicht. Denn für die immensen, weiter wachsenden Schulden werden letztlich junge Menschen bezahlen müssen, in Deutschland wie im Süden der Eurozone. Die Jugend Südeuropas ist schon heute der große Krisenverlierer. In Spanien und Griechenland findet die Mehrheit der arbeitsuchenden Jugendlichen keine Stelle, die Jugendarbeitslosenquoten erreichen (55% bzw. 60%) beängstigende Höhen. Auch in Italien hat sich die Lage dramatisch verschlechtert, bei mehr als 43% liegt inzwischen die Jugendarbeitslosenquote (1). Zwar war die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa schon früher wesentlich höher als in Deutschland. Hierzulande bietet das „duale System“ Jugendlichen Ausbildungschancen, an denen es in Südeuropa chronisch mangelt. Unter den Bedingungen in Euro-Land hat sich das Jugendproblem des Südens aber noch verschlimmert; in Portugal etwa ist die Jugendarbeitslosigkeit seit 2000 um mehr als das Dreifache gewachsen (von ca. 10% auf mehr als 35%) (2). Verdreifacht hat sich auch die Arbeitslosigkeit aller Altersgruppen insgesamt (von 5% auf über 15%) (3). Die Arbeitslosenquoten werden durch Arbeitsbeschaffungsprogramme, Frühverrentung und andere sozialpolitische Maßnahmen statistisch beschönigt. Aussagekräftiger noch sind die Erwerbsquoten, besonders die der Männer. Denn im Regelfall sind in Europa Männer die Hauptverdiener der Familien, dies gilt gerade für den Süden. Ihre Erwerbsquoten erreichten dort vor Ausbruch der Krise (2007) Werte von ca. 80%, im Jahr 2013 lagen sie in Spanien und Portugal nur noch bei 63% (4). Das sind Negativrekorde nicht nur für die Eurozone, sondern für die Europäische Union generell (5). Sie liegen damit nicht nur weit niedriger als in Deutschland oder den Niederlanden, sondern auch deutlich unter dem Niveau Polens oder der Tschechischen Republik (6).
Dass sich die desaströse Arbeitsmarktlage in Südeuropa bald grundlegend verbessert – diese Hoffnung haben nicht einmal die notorisch optimistischen Prognostiker der Europäischen Kommission. Für Millionen arbeitsloser Jugendlicher sind das düstere Perspektiven. Nur relativ wenige haben Chancen, in Deutschland oder Nordeuropa Arbeit zu finden; bei den erfolgreich Abwandernden handelt es oft um besonders Qualifizierte. Dieser „brain drain“ könnte längerfristig die Probleme noch verschärfen (7). Ein Kernproblem der Länder Südeuropas ist die Alterung: Italien voran, gehören sie schon heute zu den „ältesten“ Ländern der Welt und in den kommenden Jahrzehnten wird sich die Alterung noch beschleunigen (8). Die Versorgungslasten für die Jüngeren steigen drastisch; dabei belasten heute schon hohe Rentenaufwendungen die südeuropäischen Volkswirtschaften (9). Es droht ein Teufelskreis: Für die aufgetürmten Schulden und die Versorgung der Älteren muss die junge Generation immer mehr bezahlen. Den Jungen bleibt weniger Geld für die Gründung eigener Familien. Sie bekommen weniger Kinder und die demografische Krise verschärft sich weiter. Diese Abwärtsspirale hat schon eingesetzt, zumindest in Portugal, wo die Geburtenraten auf ein historisches Tief gefallen sind (10). Das ist ein Warnzeichen. Es sollte auch in Deutschland Beachtung finden.