Skip to main content

Die kulturelle Prägekraft des Geldes

By 21. April 2014März 24th, 2022No Comments

Jetzt wächst auch hierzulande die Erfahrung, dass es sich nicht mehr lohnt, Verzicht zu üben und Geld zu sparen. Die Prägekraft dieser neuen Erfahrung ist nicht zu unterschätzen. Vollbeschäftigung wird mittels Hunger- und Billigstlöhnen erreicht, Kleinsparer werden enteignet, jeder Kauf auf Pump wird belohnt und der Lebensstil der Mittelschicht verhöhnt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis mit diesem neuen Lebensstil alles das unter die Räder kommt, was das Leitbild der Mittelschichtgesellschaft kulturell auszeichnete: politische Stabilität, gepaart mit einem hohen Maß an Selbstverantwortung, langfristigem Wachstum, durch Sparsamkeit, Fleiß und Beharrlichkeit geprägte Einstellungen, die Voraussetzung sind, um Wohlstand für alle zu schaffen. Linke Strömungen, die vor dreißig Jahren gegen solche Leitbilder auftrumpften, vermochten sie nicht zu zerstören. Das gelingt erst jetzt – und bestätigt die These, dass Kulturen meist an innerer Auszehrung zugrunde gehen. Wenn eine Kultur schwach wird, hat sie nicht mehr den Willen und die Kraft, der Ökonomie ihr Maß zu geben. […] Regeln des Marktes bestrafen oder belohnen – den Sparsamen oder den Verschwender. Entsprechend verändern sich die Einstellungen der Menschen. Die Erfahrung, dass Eigenvorsorge zum Schaden ist, wird nicht folgenlos bleiben. Sie wird die Menschen verändern – und mit ihnen das Menschenbild, den Prägestempel jeder Politischen Ökonomie. Wollen wir das?

Christoph Böhr: Sparen – ein anderes Wort für Enteignung, aus: Cicero vom 8.Mai 2013, http://www.cicero.de/kapital/geldentwertung-sparen-ein-anderes-wort-fuer-enteignung/54372