Brief aus Brüssel, 2014 / April, 28.04.2014
Brief aus Brüssel
Dass sich die „traditionellen Parteien“ heute als Konkurrenten im EU-Wahlkampf in den Mitgliedsstaaten gegenüberstehen, entspricht nicht der Lebenswirklichkeit im Europäischen Parlament. In Strasbourg und Brüssel stimmen nämlich alle im EP vertretenen deutschen Parteien bei 90% der namentlichen Abstimmungen identisch ab. Gibt es Unterschiede? Es gibt, Alternativen für ein familienfreundliches Europa sind möglich. Zum Beispiel in der Familienpolitik. Am 25. Mai könnten sich Väter und Mütter sowie ihre wahlberechtigen Kinder mit ihrem Kreuz auf dem Wahlzettel dafür einsetzen, dass das zukünftige EU-Parlament die Rechte und Pflichten der Familie positiv fördert und verteidigt, und nicht mehr weiter beeinträchtigt.
Zahlreiche kontroverse Berichterstattungsverfahren in den vergangenen Monaten (u.a. die durch das EP provozierte Blockade der Überarbeitung der Richtlinie zum Mutterschutz, der Estrela-Bericht zur Einführung eines bedingungslosen Grundrechts auf Abtreibung und von Abtreibung als Mittel der Bevölkerungskontrolle in der Entwicklungshilfe der EU, der Lunacek-Bericht zum EU-Fahrplan zur gesellschaftlichen Aufwertung von Homosexualität bis hin zur Aufforderung der EU-Mitgliedsstaaten, die Homo-Ehe mit Adoptionsrecht einzuführen, der Zuber-Bericht zur Gleichstellung, welcher familiäre Verantwortung als Belastung für die Arbeitsproduktivität ansieht) haben bewiesen, dass die im EP vertretenen traditionellen Parteien den Schutz von Ehe und Familie in Europa vernachlässigen.
Wenn es um wesentliche Interessen der Familien ging, handelten die Europa-Abgeordneten der traditionellen Parteien in der vergangenen Legislaturperiode immer erst in letzter Minute und nach ausdrücklichen Protesten der Familien in den Wahlkreisen. Letztlich setzte sich keine Fraktion im EP mehr nachhaltig für Ehe und Familie ein. Allenfalls einzelne Mitglieder, die sich in der interfraktionellen Arbeitsgruppe „Familie, Kinderrechte und Solidarität zwischen den Generationen“ zusammenschlossen, thematisierten in der vergangenen Legislaturperiode die familienpolitischen Aspekte in der EU.
Auch die anderen Institutionen der EU respektieren kaum den konstitutiven Beitrag von Familie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Im Zuge der Politik des „Gender Mainstreamings“ und der Politik der Nichtdiskriminierung wegen der sexuellen Orientierung gerät das wichtige gesellschaftspolitische Anliegen des Schutzes von Ehe und Familie in Brüssel ins Hintertreffen. Der fehlende Einsatz der EU-Abgeordneten und der EU-Kommission für Ehe und Familie in den letzten fünf Jahren legt die Schlussfolgerung nahe, dass im Bereich der sogenannten „EU-Familienpolitik“ Familien in den Wahlkreisen selbst die Initiative ergreifen müssen. Familienpolitik ist ein Querschnittsthema. Alle EU-Politikbereiche sollten daher auf ihre Vereinbarkeit mit den gerechten Interessen von Ehe und Familie überprüft werden. Wem an Ehe und Familie liegt, der sollte in diesem Sinn die Programme der Parteien und ihrer Kandidaten abklopfen.