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Aufsatz des Monats

So viel Europa wie nötig, so viel nationale Selbstbestimmung wie möglich – das „Subsidiaritätspapier“ der niederländischen Regierung

By 13. Januar 2014März 3rd, 2022No Comments

– Dieser Dokumentationsaufsatz ist ein Exzerpt des im Juni 2013 veröffentlichten „Subsidiaritätsberichts“ der niederländischen Regierung. Die Zwischentitel und die Hervorhebungen stammen von der Redaktion. Die Originaldokumente sind auf der Homepage der niederländischen Regierung zu finden unter:

Dieser Dokumentationsaufsatz ist ein Exzerpt des im Juni 2013 veröffentlichten „Subsidiaritätsberichts“ der niederländischen Regierung. Die Zwischentitel und die Hervorhebungen stammen von der Redaktion. Die Originaldokumente sind auf der Homepage der niederländischen Regierung zu finden unter:

European where necessary, national where possible,

www.government.nl/news/2013/06/21/european-where-necessarynational-

where-possible.html;

Testing European legislation for subsidiarity and proportionality – Dutch

list of points for action,

www.government.nl/documents-andpublications/notes/2013/06/21/testing-european-legislation-forsubsidiarity-and-proportionality-dutch-list-of-points-for-action.html.

Die Niederlande sind überzeugt, dass die Zeit einer „immer engeren Union“ im Bereich jedweder Gesetzgebung vorbei ist. Das war die Botschaft der Regierung in einem Brief zum „Subsidiartiätspapier“[…]. Laut der Regierung findet dieses Thema großen Anklang bei vielen Menschen in ganz Europa. Mit dieser Initiative möchten die Niederlande einen Prozess in Gang setzen, nach dem Motto: So viel Europa wie nötig, so viel nationale Selbstbestimmung wie möglich.

In ihrem Papier nennt die Regierung einige Bereiche, deren Regelung nach ihrer Auffassung besser den Mitgliedsstaaten überlassen werden sollte. […] Die Regierung betont, dass sie nicht das Ziel verfolgt, die Verträge zu ändern, sie akzeptiert die derzeitige Kompetenzverteilung voll und ganz. Die Niederlande möchten viel eher die Aufgabenverteilung zur Diskussion stellen: ist alles, was die Europäische Union derzeit tut, wirklich notwendig?

Keine Änderung der Verträge, aber Stopp der Zentralisierungsdynamik

Es gibt einige sehr unterschiedliche Beispiele von Themen, die die Niederlande gern

mehr oder weniger vollständig in der Verantwortung der Mitgliedsstaaten sehen würden: ein Stop der weiteren Vereinheitlichung der Sozialsysteme; Arbeitsbedingungen, die nur in groben Zügen reguliert werden sollten; keine EU-Richtlinien zum Medienpluralismus; das Hochwasser-Risikomanagement sollte nur im Falle von echten grenzüberschreitenden Wasserverläufen auf europäischer Ebene vereinheitlicht werden; Beendigung der EU Programme für Schulmilch und -obst. Nach Meinung der Regierung besteht dagegen weiterhin starker Bedarf an einer europäischen Zusammenarbeit in vielen Bereichen, wie zum Beispiel der Finanz- und Wirtschaftskrise, bei der Energieversorgung, dem Klimawandel, bei Asyl und Zuwanderung, der Vollendung des Binnenmarktes, der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerflucht sowie im Bereich der Verteidigung. Das aus dem Koalitionsvertrag abgeleitete grundsätzliche Anliegen dieser Initiative ist es, eine bescheidenere, nüchternere und gleichzeitig effektivere Europäischen Union zu schaffen.

 

Eine Aktionsliste für mehr  Subsidiarität: Haushalt, Steuern, Sozialsysteme

 

Die Niederlande stellen die Subsidiarität und/oder Verhältnismäßigkeit verschiedener EU Programme in Frage. Unserer Ansicht nach müssen aus dem EU Haushalt finanzierte Programme einen offensichtlichen Mehrwert aufweisen. Dieser Mehrwert wurde zum Beispiel für den Globalisierungsfonds bisher nicht nachgewiesen und er wurde auch nicht immer nachgewiesen, wenn Mittel aus dem Strukturfonds nicht in die ärmsten Regionen der ärmsten Mitgliedstaaten geflossen sind. Außerdem sollte der EU Haushalt nicht schneller wachsen als die nationalen Haushalte […] Wir werden uns im Rahmen der Halbjahresprüfung des aktuellen MFF für eine kritische Betrachtung der Effizienz der EU einsetzen. […].

Die Anträge der Kommission, die Jahresgehälter ihrer Mitarbeiter anzuheben, entbehren aus Sicht der Niederlande in den letzten Jahren jeder Verhältnismäßigkeit. Denn sie berücksichtigen in keiner Weise die Finanzkrise. […] Die Niederlande werden sich in den jährlichen Verhandlungen für EU-Gehälter einsetzen, die der aktuellen Einkommensentwicklung in den Mitgliedstaaten entsprechen. Wir werden ferner anstreben, die Methode zur Festsetzung von EU Gehältern in den neuen EU- Personalbestimmungen zu ändern. […]

 

Die Kommission versucht manchmal mit Hilfe von Vertragsverletzungsverfahren Mitgliedsstaaten dazu zu zwingen, die Steuersysteme zu vereinheitlichen. Die Niederlande halten diese Methode für unangemessen. Jedes Land darf immer noch sein ganz eigenes Steuersystem besitzen und nachteilige Auswirkungen können auf andere Art, zum Beispiel durch bilaterale Steuerabkommen, angegangen werden. Es ist außerdem irritierend, dass die Kommission nicht immer gleichzeitig gegen alle betroffenen Mitgliedstaaten vorgeht und so die Chancengleichheit ausgehebelt wird. Darüber hinaus können die Auswirkungen auf den Haushalt des jeweiligen Landes substantiell sein. Die Niederlande erachten die Störung der nationalen Unabhängigkeit durch die Kommission in diesem Punkt als unerwünscht. […]

Vom Standpunkt der Subsidiarität ist die Diskussion über die soziale Dimension der Europäischen Währungsunion ausschlaggebend. Die Hauptfrage ist, ob im Hinblick auf die Auswirkungen der derzeitigen Krise, neue und womöglich weitgreifendere Sozialgesetze auf europäischer Ebene auf den Weg gebracht werden sollten, um die Haushalts-, Finanz-, und Sozialmaßnahmen zu ergänzen, die als Antwort auf die Eurokrise eingeleitet wurden. Wie bereits in einem Brief an das Parlament am 24. Mai 2013 im Detail dargelegt, sind die Niederlande der Auffassung, dass die  Bemühungen zur Stärkung der sozialen Dimension der Europäischen Währungsunion auf bereits bestehende Vereinbarungen abgestimmt und in aktuelle Gesetzes- und Finanzrahmen eingepasst werden müssen. Das bedeutet unter anderem, dass keine weiteren Versuche zur Vereinheitlichung der Sozialsysteme unternommen werden sollten. Die EU koordiniert und ergänzt zwar das nationale  Regelwerk, aber die Mitgliedsstaaten müssen ihre eigenen Grundprinzipien zur Regulierung von Arbeitsmarkt und Sozialsystemen formulieren (inklusive ihrer Kapitalbilanz). Die maßgebliche Beurteilung hierzu muss auf nationaler Ebene erfolgen.

Migration und Sozialsysteme: Wir werden uns einmischen

 

Die Niederlande glauben, dass es in ganz Europa Bestrebungen geben muss, eine größere Erwerbsbeteiligung, gerechtere Löhne und einen angemessenen Lebensstandard zu erreichen. Darüber hinaus ist es erforderlich, die negativen Auswirkungen von Arbeitsmigration inklusive der Ausbeutung von Sozialsystemen zu bekämpfen (vor allem in den Ländern, die beliebte Ziele für Arbeitsmigranten sind). […]

 

Die bestehende Richtlinie zur Familienzusammenführung bietet den Niederlanden, wo die Familienzusammenführung der Grund erheblicher Zuwanderungsströme ist, zu wenig Handlungsspielraum ihre eigene, nationale Politik zu gestalten und zum Beispiel Integrationskriterien im Hinblick auf Alter und zivilrechtlichen Status einzuführen. Aus diesem Grund stellen die Niederlande die Verhältnismäßigkeit dieser Richtlinie in Frage. Die Niederlande werden sich dafür einsetzen, einige Klauseln dieser Richtlinie flexibler zu gestalten. Dies werden wir in EU-Gremien vorantreiben, indem wir uns unter anderem aktiv in die Arbeitsgruppe einbringen, die Vorgaben für die von der Kommission geplanten Interpretationsrichtlinien liefert. […]