Von W. Bradford Wilcox und Robin Fretwell Wilson
Millionen von Mädchen und Frauen wurden quer durch die USA von Männern missbraucht, überfallen oder vergewaltigt und viele weitere Millionen befürchten, einmal Opfer eines solchen Verbrechens zu werden. In der öffentlichen Debatte um Gewalt gegen Frauen geht jedoch häufig unter, dass es andere Männer gibt, die Frauen – direkt oder indirekt – eher vor der Gefahr männlicher Gewalt schützen: ihre leiblichen, verheirateten Väter. Im Endeffekt gilt: Verheiratete Frauen leben sicherer als unverheiratete, und die Wahrscheinlichkeit des Missbrauchs ist für Mädchen, die in einem Haushalt mit ihrem verheirateten Vater groß werden, geringer als für jene, die ohne ihren Vater aufwachsen.
Schauen wir uns zunächst die Gefährdung von Mädchen durch Männer an. Die umfangreichste Betrachtung sexueller und körperlicher Gewalt an Mädchen (und Jungen) findet man in der Vierten Nationalen Studie zu Kindesmissbrauch und –vernachlässigung (Fourth National Incidence Study of Child Abuse and Neglect). Die Zahlen belegen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Missbrauchs für die Kinder höher ist, die nicht in einem Haushalt mit ihrem verheirateten Vater aufwachsen. Darüber hinaus steigt die Wahrscheinlichkeit des Missbrauchs, wenn Mädchen und Jungen mit einem nicht-verwandten Erwachsenen zusammenleben – meistens der Freund der Mutter. Der Bericht belegt, dass “nur 0,7 von 1.000 Kindern, die mit ihren leiblichen, verheirateten Eltern lebten, sexuell missbraucht wurden, während 12,1 von 1.000 Kindern, die mit einem Elternteil und dessen unverheiratetem Partner aufwuchsen, Opfer von sexuellen Übergriffen wurden”. Die Ergebnisse dieser staatlichen Studie stimmen mit den Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Forschungen überein (siehe hier und hier). […] Eine Studie von 2005 aus der Zeitschrift Pediatrics berichtet sogar von einer fast 50-mal höheren Wahrscheinlichkeit, dass Kinder an den ihnen zugefügten Verletzungen sterben, wenn sie mit nicht-verwandten Erwachsenen anstatt mit ihren beiden leiblichen Eltern unter einem Dach wohnen.
Frauen leben ebenfalls sicherer, wenn sie verheiratet sind. Die Zahlen einer aktuellen Studie des US Justizministeriums weisen darauf hin, dass verheiratete Frauen am seltensten Opfer von Gewalt durch ihren Beziehungspartner werden. Laut einer weiteren Ministeriumsstudie werden Frauen, die nie verheiratet waren, viermal häufiger Opfer von Gewalt als verheiratete Frauen. Im Endeffekt gilt: verheiratete Frauen werden seltener vergewaltigt, belästigt oder überfallen als unverheiratete.
Wie kann das sein? Warum sind Frauen sicherer, wenn sie verheiratet sind und warum sind Kinder sicherer, wenn sie bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen?
Im Falle der Mädchen zeigt die Forschung, dass die Ehe der Beziehung der Erwachsenen ein gewisses Maß an Stabilität und Verpflichtung verleiht, so dass verheiratete, leibliche Väter aufmerksamer sind und sich mehr mit ihren Kindern beschäftigen, schon weil sie die Beziehung als dauerhaft betrachten. In einem Haushalt, in dem der leibliche Vater täglich ein und aus geht, können nicht-verwandte Männer folglich nur einen begrenzten Umgang mit den Kindern der Familie pflegen. Allgemeiner ausgedrückt: Die “emotionale Unterstützung und die Aufsicht”, die engagierte Väter ihren Kindern bieten, kann deren Verwundbarkeit gegenüber potenziellen Straftätern verringern. So hat es David Finkelhor, Leiter des Crimes Against Children Research Center der Universität New Hampshire beobachtet.
Im Falle der Frauen geht es zum einen um den sogenannten “Selektionseffekt”, d.h. Frauen in gesunden, sicheren Beziehungen wählen eher den Weg in die Ehe. Frauen in ungesunden, unsicheren Beziehungen fehlt dagegen häufig die Kraft, nach der Ehe zu verlangen bzw. ihnen fehlt der Wille letztere einzugehen. Natürlich entschließen sich Frauen in konfliktbehafteten Beziehungen eher für eine Scheidung.
Die Ehe scheint aber auch Männer dazu zu bringen, sich besser zu benehmen. Das liegt daran, dass Männer eher zur Ruhe kommen, wenn sie heiraten. Sie sind aufmerksamer gegenüber den Erwartungen ihrer Freunde und Familie, sie sind treuer und fühlen sich ihren Partnern stärker verpflichtet – alles Faktoren, die das Gewaltrisiko minimieren. Außerdem leben verheiratete Frauen eher in sicheren Wohngegenden, haben einen Partner, der sich um ihre körperliche Unversehrtheit sorgt, und verbringen weniger Zeit in Umgebungen, die das Risiko von Gewaltverbrechen erhöhen.
Um es klar zu sagen: man muss sich nicht erst “The Burning Bed” oder “Safe Haven” ansehen, damit einem klar wird, dass verheiratete Männer durchaus ihre Frauen oder Töchter missbrauchen und misshandeln. Die Ehe ist kein Allheilmittel gegen männliche Gewalt, jedoch werden verheiratete Väter weitaus seltener gewalttätig als Männer, die weder durch eine Heirat noch durch Blutsbande an eine Frau gebunden sind. Im Grunde bieten verheiratete Väter den Mädchen und Frauen in ihrem Leben direkten Schutz, indem sie für das physische Wohlergehen ihrer Ehefrauen und Töchter sorgen. Darüber hinaus schützen sie sie indirekt, indem sie die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass diese in einem sicheren Zuhause leben und keinen Männern ausgesetzt sind, die eine Gefahr für sie darstellen könnten.
Robin Fretwell Wilson ist Professor am Roger-und-Stephany-Joslin-Lehrstuhls für Rechtswissenschaften an der Universität Illinois und dort auch Leiter des Programms für Familienrecht und Familienpolitik.Zuerst veröffentlicht: The Washington Post, 10. Juni 2014,
http://www.washingtonpost.com/posteverything/wp/2014/06/10/the-best-way-to-end-violence-against-women-stop-taking-lovers-and-get-married/.